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KOPF-KINO

Alle Rechte an den Texten liegen beim Autor Ulrich Papke.

„Verdammt! Du siehst aus wie ich!“, war Nummer zwölf einigermaßen überrascht.

„Ich glaube, ich bin du“, entgegnete Elf.

„Aber wer sind wir?“

„Und woher kommen wir?“

„Lass uns uns zurückverfolgen!“, schlug Zwölf vor, griff sich sein Messer und schnitt sich als Erster die Kehle durch.

‚Nichts währt für immer‘, betrachtete er zufrieden sein Werk.

‚Sie hätte doch einfach nur ein wenig netter sein müssen …‘,

wischte er mit ihrem Slip das Blut von seinem Messer.

„Woran denkst du?“

„Wie es sich anfühlen würde.“

„Tu es!“

„Bist du dir sicher?“

„Ja, ich will es auch wissen.“

„Ich werde mir Zeit lassen. Viel Zeit.“

„Okay.“

„Es wird weh tun.“

„Ich weiß. Tu es!“

„Ich liebe dich!“

Er gräbt mit bloßen Händen.

Am Rande der Düne.

Auf den Tag genau zehn Jahre danach.

Trauer rieselt mit weißem Sand durch ihre Augenhöhlen.

Er bricht sich einen Zweig vom Sanddorn, der zu ihren Füßen wächst.

„Warum ich?“
„Weil ich dich liebe“, sah sie sanftmütig auf ihn herab.
„Ich liebe dich auch! Aber du wirst mich …“
„Keine Angst, mein Schöner“, unterbrach sie ihn.
„Du wirst auf ewig in mir sein“, schlang sie ihre schwarzen Flügel um ihn.

„Aber was ist mit all den guten Dingen, die du erlebt hast?

All den schönen Erinnerungen?

Es erwarten dich ganz sicher noch mehr davon!“

„Ich bin mir absolut sicher, dass ich nichts Besseres erleben werde.“

„Gute Reise, mein Schatz. Bis bald“, setzte sie die Nadel an.

„Ich muss mal pinkeln“, erhob sich Julie vom Baumstumpf am Lagerfeuer.

„Gute Idee!“, trank Jason den letzten Schluck Wodka aus seiner Flasche.

Vom grölenden Gelächter seiner Klassenkameraden begleitet,

schwankte er Julie tiefer in den Wald hinterher.

Beide wurden nie wiedergefunden.

„Bitte tu mir nicht länger weh! Warum machst du das?“
„Weil ich dich liebe! Was dachtest du denn?“
„Aber ich ...“
„Sei still!“
„Lass mich geh´n!“
„Keine Sorge! Ein letztes Mal. Dann werde ich dich erlösen. Versprochen!“

„Was bin ich für dich?“, hatte er nach Tagen des Zweifels in trügerischer Hoffnung zu fragen gewagt.
„Du bist mein Mann. Ich liebe dich jetzt auf meine besondere Weise“,

hatte sie geantwortet.
„Ein schöner Gedanke!“, war er sich nun sicher, dass er sie nie wiedersehen würde.

„Und, was meinst du?“

„Das ist einfach nur traurig!“

„Wollen wir eingreifen?“

„Ich finde, wir sollten hier keine Resourcen verschwenden. Die da unten verdienen unsere Hilfe nicht.“

„Vielleicht wenigstens aufräumen?“

„Nicht nötig. Die schaffen sich selbst eh schnell genug ab.“

Du sag mal, Rot ist doch die Farbe der Liebe, oder?“

„Naja, das sagt man so. Wie kommst du jetzt darauf?“

„Dann hat sich die Sauerstoffversorgung gerade mächtig in uns verknallt.“

„Scheiße! Bist du dir sicher?"

„Es wurde von allen Forschungsstationen bestätigt.“

„Wie lange haben wir noch?“

„Du solltest deine Familie anrufen. Jetzt!“

„Du wirst doch nicht kurz vorm Ziel schlappmachen?“

„Immerhin sind sie demokratisch gewählt worden.“

„Bist du etwa auch hirngewaschen? Willst du in den Krieg ziehen?“

„Nein, natürlich nicht.“

„Glaubst du, die Mehrheit der Bevölkerung will Krieg?“

„Nein.“

„Also, was ist daran demokratisch, wenn die Jugend unseres Landes dennoch an die Front geschickt wird?“

„Okay“, brachte er den Sprengsatz an.

Exit.

Weiße Buchstaben auf grünem Hintergrund über der Stahltür.

Sie zweifelt.

Der Alarm würde ausgelöst werden. Sie wüssten dann, wo sie ist.

Sie rennt, so schnell sie kann.

Mit ihrem Baby in den Armen.

Er überprüfte die Ladung ein letztes Mal.

Natürlich hatte er sich mehr als einmal gefragt, ob das etwas ändern würde.

Ob diese Aktion überhaupt angemessen wahrgenommen werde würde.

‚Egal. Ich bin es mir selbst schuldig‘, parkte er den Transporter vor deren Firmensitz.

‚Na dann‘, drückte er die Taste mit dem grünen Pfeil.

„Was zum Teufel ist das?“

„Keine Ahnung. Aber es sieht nicht gut aus. Womöglich ist es das Ende.“

„Du machst mir Angst!“

„Es war schön mit dir!“, ergriff er in letzter Sekunde ihre Hand.

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